Die Berechnung des Goodwill
bei Arztpraxen + Zahnarztpraxen
Die Feststellung des ideellen Wertes einer Arzt- oder Zahnarztpraxis verlangt eine umfassende Würdigung sämtlicher wertbeeinflussender Fakten. Ein Durchschnittswert der Umsatzzahlen oder des Gewinnes reicht nicht aus, ein so komplexes Gebilde zu bewerten oder dessen inneren Wert festzulegen.
Mit der von uns angewendeten Modifizierten Ertragswertmethode für Praxen werden alle wesentlichen Entscheidungsgrößen einbezogen und rechnerisch berücksichtigt.
Neben dem Patientenstamm, der Lage der Praxis, der Konkurrenzsituation und der langfristigen Umsatz-und Gewinnerwartung und sind unter anderem Nachfrage und Marktgegebenheiten wie auch die Persönlichkeit des Praxisinhabers und die Qualität des Mitarbeiterteams von ausschlaggebender Bedeutung.
Da sich jede Praxis von jeder anderen vor allem auch durch die Individualität des Praxisinhabers unterscheidet, kann eine fundierte Praxiswertberechnung in der Regel nicht mit herkömmlichen, in Industrie und Handel gebräuchlichen Bewertungsmethoden einfach über Umsatz oder Gewinn erfolgen.
Wissenschaftlich fundiert und an die Arzt- und Zahnarztpraxen angepasst:
Das Modifizierte Ertragswertverfahren für Praxen!
Im Rahmen der in dem vorliegenden Gutachten verwendeten Modifizierten Ertragswertmethode für Praxen erfolgt daher die Bewertung der freiberuflichen Praxis nicht nur auf der Basis der betriebswirtschaftlichen Erfolgsgrößen der Praxis (Umsatz, Kosten, Gewinn) sondern auch anhand aus einer detaillierten Praxis-Analyse resultierender zahlreicher typischer, fachbezogener Kriterien mit unterschiedlichen Gewichtungen.
Zu nennen sind z.B. gesetzlich verordnete Honorarveränderungen, Budgetregelungen, strukturelle Besonderheiten des Umfeldes, die Praxisorganisation, die Personalführung, Wechselwirkungen zwischen Kassen- und Privatklientel, die Mitbewerbersituation vor Ort etc.
Grundlegende Gerichtsentscheide zu Bewertungs-Methoden
Entscheidende Bedeutung kommt höchstrichterlichen Urteilen zu, in denen seit Jahrzehnten explizit und wiederkehrend der Grundsatz geprägt wurde:
„Sachverständige sind grundsätzlich frei in der Wahl der Berech-nungsmethode. Eine bestimmte Wertberechnungsmethode ist rechtlich nicht vorgeschrieben“ (BGH IV ZR 114/70 vom 26.4.1972).
Der BGH konstatiert des Weiteren, dass es nur ein Be-wertungsverfahren nicht geben kann, sondern „...die mit der Bewertung befassten Fachleute unter den in der Betriebswirtschaftslehre und der betriebswirtschaftlichen Praxis vertretenen Verfahren das im Einzelfall geeignet erscheinende auszuwählen...“ (haben).
Das OLG München äußert sich im Urteil vom 15.1.1988 (14 U 572/87) wie folgt:
„Bei Meinungsvielfalt über den zutreffenden Bewertungsansatz wird der Wertermittlungsanspruch nicht durch ein solches Gut-achten erfüllt, das sich auf die Wertermittlung einer ganz bestimmten Methode beschränkt (BB 1988, S. 429).
Nach dem BGH-Urteil vom 30.9.1981 (IVa ZR 127/80) ist es nicht Aufgabe eines Gerichtes, im Hinblick auf die Bewertung ganzer Unternehmen...genaue Anweisungen für das Berechnungsverfahren zu geben oder wirtschaftswissenschaftliche Methodenstreitfragen zu entscheiden“ (DB 1982, S. 106).
Viele verschiedene Methodenansätze gibt es am Markt!
Bei der Bewertung einer ärztlichen und zahnärztlichen Praxis werden in der Praxis zahlreiche verschiedene Bewertungsmethoden angewandt. Zu nennen sind in der Betriebswirtschaftslehre geläufige Verfahren wie die Ertragswert-Methode (mit verschiedenen Varianten), die Substanzwert-Methode, die Mittelwert-Methode, die Berechnung einer Übergewinnverrentung oder Geschäftswertabschreibung sowie die IBT-Methode.
Das für „große Unternehmen“ entwickelte (BGH XII. ZS, Urteil v. 24.10.1990 – XII ZR 101/89) betriebswirtschaftliche Bewertungs-Verfahren, die „reine Ertragswert-Methode“ stellt auf die nachhaltig erzielbaren Erträge eines Unternehmens ab, die nach Bereinigung um verschiedene Einflussfaktoren kapitalisiert den Gesamtwert eines Unternehmens (also Goodwill und Sachwert in einer Summe) darstellen. Für Handels- oder Industrieunternehmen lassen sich damit im Allgemeinen zutreffende Unternehmenswerte berechnen.
Die Anwendung der reinen (nicht auf freiberufliche Arzt- und Zahnarztpraxen angepasste) Ertragswertmethode zur Bestimmung des Praxiswertes führt besonders dann zu Schwierigkeiten, wenn es sich um eine Einrichtung mit besonders hohem Sachwertanteil handelt (z.B. in Radiologie- oder kieferchirurgischen Praxen, in die neu investiert wurde). In diesen Fällen liegt der mittels der Ertragswertmethode errechnete Gesamtwert einer Praxis, der sich aus dem nachhaltig erzielbaren Praxis-Gewinn errechnet, teilweise unterhalb des reinen Sachwertes der Praxis, und damit in einem unangemessenen Bereich.
Auch die seit einigen Jahren bestehende besondere Marktsituation bei der Veräußerung von Arzt- und Zahnarztpraxen lässt die reine Ertragswertmethode (meist von Steuerberatern, Betriebswirten und anderen Fachleuten ohne eigene Arzt-Praxiserfahrung angewendet) völlig scheitern: nämlich die Tatsache, dass Praxen mit identischen wirtschaftlichen Ergebnissen (gleich gute Umsätze und Gewinne) in einer Region (z. B. Bodensee) für 400.000 € verkauft wurden, in einer anderen (z. B. Vogelsbergkreis in Hessen) unverkäuflich sind und geschlossen wurden. Trotz identischer betriebswirtschaftlicher Zahlen haben diese vorgenannten Praxen nicht den gleichen Verkehrswert / Marktwert!
Abhilfe kann hier nur eine auf die Besonderheiten am Praxismarkt (jeweils differenziert nach Ärzten und Zahnärzten) angepasste „Modifizierte Ertragswertmethode für Praxen“ schaffen, welche folgende Merkmale zusätzlich berücksichtigt:
- Nachhaltiger (übertragbarer) zukünftiger Praxisertrag und Praxisgewinn
- Komplette Praxisanalyse einer Praxis
- die Begrenzung des Abzinsungszeitraumes der zukünftigen Gewinne auf eine so genannte Goodwill-Reichweite
- Fachgruppenbezogene und regionale Auswertung
- Bestimmung individuelles Sachvermögen
- Tatsächlich regional und fachgruppenbezogen bezahlte Übernahmeentgelte für vergleichbare Praxen (möglichst zeitnah zum Stichtag)?
Neben dem Ertragswertverfahren (rein und modifiziert) existieren so genannte „pauschale Bewertungsmethoden“ wie die so genannte Bundesärztekammer-Richtlinie.
Die von der Bundesärztekammer im Jahre 1987 veröffentlichte und im Jahr 2008 novellierte "Richtlinie zur Bewertung von Arzt- und Zahnarztpraxen" ist niemals verbindlich in Kraft getreten. Nach dieser Methode wird der Goodwill einer Praxis im Wesentlichen anhand einer festen Quote vom Umsatz bzw. vom Gewinn einer Praxis bestimmt. Die nach dieser Methode überschlagsmäßig berechneten Praxiswerte zeigen in der Regel ein von der Realität (den tatsächlich regional und fachgruppenbezogen gezahlten Übernahmeentgelten) oft abweichendes, in der Regel zu niedriges Ergebnis.
Die BÄK - Richtlinie wird - trotz ihrer höchst umstrittenen Verwendung in der Praxis - vom BGH als eine "mögliche Form" der Bewertung und für grundsätzlich geeignet angesehen, obwohl sie keinerlei Unterschiede macht zwischen ertragsstarken und defizitären Einrichtungen sowie fachgruppenspezifischen Besonderheiten.
Eine exakte Bestimmung des Goodwills einer Praxis ist jedoch ohne eine Berücksichtigung aller individuellen Praxisbesonderheiten nach Prüfung des Sachverständigen nicht durchführbar. Ungeachtet dieser Vorbehalte wird in der Rechtsprechung immer wieder auf diese "Richtlinie" Bezug genommen.
Der BGH lehnt in einem aktuellen Urteil v. 06.02.08 (Az.: XII ZR 45/06) aber ab, den kalkulatorischen Arztlohn vom Umsatz abziehen zu lassen, wie dies die BÄK-Richtlinie vorsieht. Er fordert stattdessen, einen den „individuellen Verhältnissen entsprechenden Unternehmerlohn“ anzusetzen.
Bei der ebenfalls häufig am Markt verwendeten IBT-Methode handelt es sich um eine Kombinationsmethode, bei der Goodwill und Sachvermögen getrennt berechnet werden. Auch hier wird bei der Berechnung des Goodwills eine Praxisanalyse vorausgeschickt und auch aktuelle Übernahmeentgelte werden berücksichtigt. Da die Ermittlung der verwendeten Daten für „tatsächlich gezahlte Übernahmeentgelte“ in der Regel einige Jahre zurückliegen, kommt es bei der IBT-Methode bei der Bewertung zu nicht aktuellen Goodwill-Berechnungen. Insofern kommt der methodische Ansatz nach der IBT-Methode der Forderung nach marktgerechten und fachgruppenbezogenen Ergebnisrechnungen nur teilweise nach.
Insgesamt ist die IBT-Methode aber äußerst kompliziert und für die Auftraggeber und Leser oft schwer nachvollziehbar. Vor allem aber ist sie in der Betriebswirtschaft wissenschaftlich nicht anerkannt.
„Faustregelmethoden“ (Gewinnmethode, Umsatzmethode, etc.) werden wegen der willkürlichen Ungenauigkeit nicht weiter beschrieben; sie liefern heute keine belastbaren Ergebnisse mehr und sind im seriösen Bewertungsverfahren irrelevant.
Zusammenfassend ist festzustellen,
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dass eine für Arztpraxen geeignete Methode neben den wirtschaftlichen Ergebnissen
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eine ausführliche Praxisanalyse ebenso umfassen muss
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wie die Berücksichtigung des individuellen Sachvermögens und der aktuellen regional tatsächlich Spezifitäten für vergleichbare Praxen gleicher Fachgruppe
Somit erfordert eine Praxisbewertung
hohe Kompetenz in der Kenntnis der fachgruppenindividuellen Praxisbesonderheiten, der Abläufe in Arztpraxen, der aktuellen kassenrechtlichen Situation (KV-Bezirke!) und der aktuellen Marktlage (fachgruppenspezifisch und regional).
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Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Betriebswirte können dies in der Regel wegen der fehlenden fachspezifischen Kompetenz nicht leisten und weichen deshalb ebenso wie rein betriebswirtschaftlich ausgebildete Praxisbewerter / - gutachter auf die einfachere Ertragswertmethode aus, manchmal mit nicht belastbaren und nur zahlennivellierenden „Korrekturfaktoren.“
Das in diesem Gutachten angewendete „Modifizierte Ertragswertverfahren für Arztpraxen und Zahnarztpraxen“ erfüllt dem gegenüber alle die vorgenannten Anforderungen und ist deshalb mit der Sachverständigen- Erfahrung von Hunderten von Gutachten valide und auch besonders marktnah!